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Schriftsachverständige Stuttgart Handschriftenvergleich Sachverständige öffentlich bestellt IHK

Öffentliche Bestellung
und Vereidigung - IHK Region Stuttgart

öffentlich bestellt und vereidigt Industrie und Handelskammer IHK Region Stuttgart

Ein falscher Schnörkel entlarvt den Täter

 

Susanne Seitz überführt Betrüger und Erpresser durch Handschriftenvergleich - Ablesen von Charaktereigenschaften ist ein Mythos

 

 

Stuttgart - Geduld ist gefragt, wenn Susanne Seitz durch ihr Mikroskop schaut. Buchstabe um Buchstabe arbeitet sie sich vor, studiert Schnörkel und sich kreuzende Linien, vergleicht sie wieder und wieder mit anderen Schriftproben. Seitz hat Erpresser und Betrüger hinter Gitter gebracht, hat Erbschleicher entlarvt und etliche Versicherungen vor erschlichenen Millionenzahlungen bewahrt. Mit den draufgängerischen Protagonisten aus Fernsehkrimis hat sie wenig gemein. Sie fahndet nicht in dunklen Hinterhöfen, ermittelt nicht im Rotlichtmilieu. Bei ihr kommen Kriminalfälle unter die Lupe - wortwörtlich: Sind gefälschte Unterschriften und manipulierte Dokumente im Spiel, wenden sich Polizei und Gerichte nicht selten an die diplomierte Psychologin, die für das Landeskriminalamt arbeitete und unter den Schriftsachverständigen bundesweit zu den Gefragtesten zählt. Von der Industrie- und Handelskammer bestellt und vereidigt, arbeitet Seitz heute überwiegend in der Region Stuttgart.

Von Oliver Stortz

 

Große Haie, kleine Fische
 

Das Metier ist diffizil: Jede Handschrift ist anders und trägt individuelle Züge. Für den Laien sind Durchpausungen und freihändige Nachzeichnungen oft nicht vom Original zu unterscheiden. Für Seitz schon. Unter dem Mikroskop werden Druckpunkte und Variationen in der Strichbreite sichtbar, charakteristische Schriftelemente lassen sich vergleichen. Oft sind es nur Fragmente eines Buchstaben, die verräterisch sind. Profis entlarven laienhafte Fälschungen meist rasch. "Wichtig ist die Qualität des Vergleichsmaterials", sagt Seitz. "Schriftprobenabnahmen, wie sie von der Polizei häufig von Verdächtigen genommen werden, sind weniger Wert, als Schriftstücke, die zeitnah zum fraglichen Dokument entstanden sind", räumt die Kriminologin ein. Die Flinte ins Korn wirft Seitz aber auch bei schlechtem Vergleichsmaterial nicht: Neben dem Mikroskop stehen ihr weitere Utensilien zur Verfügung, über die die Branche gerne Stillschweigen wahrt. Unter anderem können Schriftstücke unter Licht mit unterschiedlichen Wellenlängen untersucht werden, was scheinbar unsichtbare Spuren sichtbar macht.


Nicht immer sind die Fälle so spektakulär, wie der eines Heilbronner Ehepaares, das 1999 angeblich einen Schuldschein über knapp 250 000 Euro unterzeichnet haben soll, dies aber vor Gericht vehement bestreitet. Die Unterschriften der Eheleute gelten nach ausgiebiger Untersuchung durch mehrere Sachverständige inzwischen als echt. Einen Betrug schließt Seitz dennoch nicht aus: "Ich kenne viele Fälle, in denen Leute von Trickbetrügern Papiere untergeschoben bekamen und sie unterschrieben, ohne sich hinterher daran zu erinnern."

 

Zu leicht gemacht


Oft sind es auch Betrügereien um vermeintlich geringe Summen, die die Forensikerin - meist in privatem Auftrag - auf den Plan rufen: Selbst angefertigte Belege fürs Finanzamt, manipulierte Arbeitsverträge und nachträglich geänderte Dienstpläne, mittels derer Mitarbeiter ihren Arbeitgeber um Wochenend- und Nachtzuschläge prellen. Seitz prangert dabei nicht nur das mangelnde Rechtsempfinden der Fälscher an, sondern vor allem die allgemein wenig ausgeprägte Sensibilität für Betrügereien. "Das Fälschen wird zu einfach gemacht", sagt die Schriftsachverständige. Obwohl ihre Gutachten oft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Echtheit eines Schriftstückes bestätigen oder im umgekehrten Fall widerlegen, weiß Susanne Seitz auch um die Grenzen ihrer Methoden. Die so genannte Graphologie, das Ableiten von Charaktereigenschaften einer Person aus deren Handschrift, "ist wissenschaftlich widerlegt", sagt Seitz diplomatisch und meint eigentlich: Alles Humbug. Umso mehr ärgert es sie, dass auch sie fälschlicherweise immer wieder als Graphologin bezeichnet wird. Auf pseudo-wissenschaftliche Erkenntnisse kann sie gut verzichten, ihr kriminalistisches Gespür reicht auch so oft über den Blick durchs Mikroskop hinaus: Als studierte Psychologin setzt die Handschriftenexpertin auf die inhaltliche Textanalyse, wenn es darum geht, einen Täterkreis einzugrenzen. Nicht selten mit Erfolg.
 

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